Louise Labé - Ihr Werk
L'Ame de la femme - Die Seele der Frau
Labés Werke erschienen 1555 in dem Band uvres, der vier stilistisch sich ergänzende Teile enthält, die ihrerseits wiederum durch das Thema menschlicher Liebe zusammengehalten werden.
Ihr Werk umfaßt ein von Erasmus beeinfliußtes Streitgespräch über das Verhältnis von Torheit und Liebe (Débat de Folie et d'Amour); drei Elegien (Élégies) [Au tems qu'amour, d'hommes et Dieus vainqueur,...; D'un tel vouloir le serf point ne desire...; Quand vous lirez, ô Dames Lionnoises,...], die in Briefform verfasst sind und auf Vorbilder in der Antike verweisen; vierundzwanzig Sonette (Sonnets), die zwischen 1545 und 1555 geschrieben wurden und u. a. beeinflusst sind vom Manierismus der italienischen Lyrik Francesco Petrarcas.
Ein Widmungsbrief an eine nicht weiter bekannte Lyoneserin (Clémence de Bourges aus Lyon) leitet das Werk ein. Dieser Widmungsbrief (Épitre dédicatoire à M.C.D.B.L.) stellt ein frühes feministisches Dokument von großer Eindringlichkeit dar. In ihm bezieht Louise Labé mit einem an die Frauen gerichteten Aufruf zu intellektueller Emanzipation und aktiver Teilnahme am geistigen Leben eine neue, zukunftsweisende Position. Sie tritt für einen eigenen weiblichen Humanismus ein und fordert die Frauen auf, Künste und Wissenschaften zu kultivieren.
Thema der Sonette und Elegien, denen dieser programmatische Brief vorangestellt wurde, ist das Schicksal der verlassenen Liebenden, das Louise Labé aus dem herkömmlichen petrarkistischen Thema abgeleitet hat - sie beschreibt eine leidenschaftliche, unerfüllte Liebe. Aus der Situation der Frau schildert sie althergebrachte und neue Erfahrungen und Empfindungen der Liebe in einer klaren und eindringlichen Sprache, die den Leser noch heute unmittelbar anrührt.
Aber
nicht die - nur scheinbare - Unmittelbarkeit des Ausdrucks eines leidenden
'Frauenherzens' ist es, was den Rang der Louise Labé ausmacht,
sondern der klare Kunstverstand, mit dem sie in der sonst rein männlich
geprägten Dichtung ihrer Zeit die Möglichkeit einer genuin
weiblichen Position erkannte und verwirklichte. Sie ist darüber
zur Schöpferin - und einzigen Vertreterin - eines 'weiblichen Petrarkismus'
in Frankreich geworden.
Liebesgedichte jener Zeit sahen Frauen als unerreichbare Göttinnen
oder als vergnügliche, leichte Eroberungen - als Objekt, als Geliebte.
Ihre Werke sind von Francesco
Petrarca, Pierre
de Ronsard, Olivier
de Magny, Pontus
de Tyard, Erasmus
von Rotterdam und andere sowie von antiken Autoren wie Ovid,
Catull
und Horaz
beeinflußt.
Das
poetische Herzstück ihres Werkes, ein Cancioneiro
mit 24 Sonetten,
schildert ein pseudobiographisches Liebesverhältnis. Liebe, Dichten,
Leiden werden einer frühen Form der Seelenanalyse
unterzogen. Der leidenschaftliche Ausdruck verdrängt die sophistischen
Formulierungen und die Liebesmetaphorik des erstarrten Petrarkismus
(Solo
et pensoso... - In die Nacht...).
Dieses Werk besteht hauptsächlich aus Eleganz und Liebe. Diese
Gedichte sind geprägt von ihrer Leidenschaft, ihrer Spontaneität
und Aufrichtigkeit der Gefühle und gleichzeitig von einer Philosophie
der Liebe platonischer
Inspiration.
[Sonett
VIII]
Im
allegorischen Prosadialog von Louise Labé Débat
de Folie et d'Amour (Der Streit zwischen Torheit und Liebe) streiten
Amor und Torheit, wem der Vorzug gebührt. Hier ist der Einfluß
von Erasmus
von Rotterdam (L'Eloge de la Folie - Das Lob der Torheit)
zu spüren.
Die Form ist der antithetischen Disputationstechnik des Mittelalters
entlehnt. Die Autorin offenbart aber ein Verständnis für das
galante Leben der Zeit, was gleichartigen Liebesstreitgesprächen
fehlt. Der Débat wurde deshalb in Frankreich und England oft
nachgeahmt.
Bei
den drei Elegien
bemerkt man den Einfluss von Ovid,
dessen Werke, seine Metamorphosen bzw. sein elegisches Werk Heroides,
sie durch ihre klassische Ausbildung gut kannte.
[Elegie III]
à M.C.D.B.L. (franz.)
Débat de Folie et d'Amour par Louize Labé Lionnoize (franz.)
Élégies (franz.)
Les sonnets de Louise Labé (franz.)
1917
übertrug Rainer
Maria Rilke (Die vierund-zwanzig Sonette der Louïze
Labé Lyoneserin. 1555) diese Stücke ins deutsche (s.
a.: Ach, meine Liebe, werft sie mir nicht vor. Vierundzwanzig
Sonette, französisch deutsch englisch. Übertragung
von Rainer
Maria Rilke und Marie
Jahoda. Nachwort von Marie
Jahoda).
Eine weitere Übersetzung stammt von Paul
Zech aus dem Jahre 1947 (postum) (Die Liebesgedichte einer
schönen Lyoneser Seilerin namens Louise Labé). In Inhalt
und Form entfernt er sich weiter vom Original, er bleibt ganz er selbst,
holt die Stimme aus dem sechzehnten Jahrhundert ganz ins zwanzigste
und verschmilzt mit ihr die eigene Anschauung und die eigene Musikalität.
Weitere deutsche Übertragungen stammen von Karl Kraus, Marcel B. Schmitt, Manfred Drewitz, Frank Walter, Monika Fahrenbach-Wachendorff sowie bestimmt noch weitere.
Auch über vierhundert Jahre später nehmen wir ergriffen die Gefühle einer heftig liebenden Frau wahr.
Rainer
Maria Rilke (Sonette, deutsch, 1917)
Marie
Jahoda (Sonette, englisch, 1997)
Alice
Park (Sonette, englisch, 2000)
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Weitere Links
Virtual
Book (25 Sonette von Louise Labé (franz.), Peter Low (engl.,
2005) und James Kirkup (engl., 2001))
Sonette
und Elegien (von Louise Labé, Monika Fahrenbach-Wachendorff,
Elisabeth Schulze-Witzenrath; Google Buch)
Louise
Labé 2005 (von Béatrice Alonso, Éliane Viennot;
Google Buch)
Sonnets
et Dialogue poétique (Louïse Labé. La belle cordière;
Sonette original, Alice Park (engl.) und Lepus (niederl.))
Sonety
i Elegii (russ.)
Rilke-Handbuch.
Leben Werk Wirkung (Herausgegeben von Manfred Engel in
Zusammenarbeit mit Dorothea Lauterbach)